jeobel

Die Liebe des Wanderchirurgen - Wolf Serno Ufff. Das war hart.
Vielen Dank für das Leben - Sibylle Berg, Gustav Peter Wöhler Trostlos geht es meist zu in Sibylle Bergs Romanen, ein Arsenal an vom Leben recht verkrüppelten, teil- oder totalentseelten Personen spaziert durch ihre Erzählungen und den Humor den diese versprühen ist so beißend als hätte man beherzt an einer Ammoniak-Flasche geschnüffelt. Erbauungsliteratur geht anders.
'Vielen Dank für das Leben' macht keine Ausnahme von dieser Regel.
Eine Ausnahme, wenn auch eine ganz subjektive, gab es aber schon. Ich mochte das Buch als Buch (vielleicht sollte ich besser sagen: als Hörbuch), nicht als Fundstelle für großartige Sätze und Einfälle die man sich in Neonfarben an die Wand pinseln wollen würde, wäre es nicht so depressionsfördernd und damit abratenswert. Während frühere Romane von ihr (zumindest die wenigen die ich kenne) für mich als ganzes selten wirklich funktionierten, weil sie in ihrem, fast zur Karikatur erstarrenden Kulturpessimismus oft über das Ziel hinausschießen und ein und den selben Knopf im Leser so lange drücken bis dieser an selbiger Stelle schon fast taub geworden ist, hatte dieser einen Leim der schwer zu benennen ist. Vielleicht liegt es an der Zartheit die sich auf recht skurrile Manier manchmal ins Buch schleicht und das von Frau Berg so zelebrierte Dunkelschwarz gelegentlich auflöst, vielleicht aber auch ganz einfach daran, dass ich dieses eine Mal beim Lesen nicht meine eigene Stimme im Kopf hatte, sondern die von Gustav Peter Wöhler, der dieses Buch so fabelhaft liest, das ich verstehe dass es 2013 in der Kategorie 'Bester Interpret' ausgezeichnet wurde mit dem Deutschen Hörbuchpreis. Hiermit also vielleicht eher eine Hör- als eine Leseempfehlung.

Anatomie einer Nacht: Roman

Anatomie einer Nacht: Roman - Anna Kim In ihrem Roman „Anatomie des Todes“ hat Anna Kim der Einsamkeit eine Stadt geschenkt: Amarâq, ein fiktiver Ort in Grönland, in der die Einsamkeit sich zu einem alles einhüllenden Organismus auswächst und alle anderen Einwohner neben ihr als Gäste erscheinen. Anna Kim beschreibt sehr zurückhalten und doch eindringlich in schönen, teils verstörenden Bildern eine Nacht in der elf Menschen freiwillig den Tod suchen. Diese Auslöschungen vollziehen sich im Buch leise, undramatisch, manche von ihnen ließen sich beinahe überlesen.

Beim Lesen treibt man oft im Ungewissen, ahnungslos wessen Geschichte einem erzählt wird. Zu viele Namen die einem begegnen ohne dass man sie in Beziehung setzen kann, woran auch ein Personenverzeichnis am Anfang des Buches nichts ändert, da es nur Alter und Beruf vermerkt, nicht aber die jeweilige Rolle im Roman. Die Geschichte wechselt Perspektive, manchmal von Absatz zu Absatz, und diese Verwirrung, diese Bindungslosigkeit, die sich erst im Verlauf des Buches löst wenn sie es überhaupt je tut, ist Programm. Fast alle Figuren im Roman befinden sich auf der Suche nach Müttern, Vätern, nach ihren Kindern - nach einer Form der Bindung und Herkunft die vielleicht bewirken würde das auch das Leben bindender erschiene, während sie isoliert im Dunkel der Stadt dahin- und aneinander vorbei treiben.

„Anatomie des Todes“ ist kein leicht zugängliches Buch. Fast möchte man am Ende des Buches noch einmal von vorn beginnen, diesmal mit einem Stift in der Hand um sich die Verknüpfungspunkte zu notieren und so das Dickicht Romans ein wenig zu lichten. Vielleicht wäre eine Novelle dem Thema und der Sprache Anna Kims gerechter geworden als ein Roman dies wird . Ein Rezensent der „Zeit“ soll beim Lesen verzweifelt „zu viel, zu viel!“ ausgerufen haben und vielleicht hat er recht. Und doch: ein sprödes Kunstwerk ist er geworden dieser Roman, getragen von einer Sprache die ebenso eigen wie poetisch ist.
Ulysses - James Joyce, Hans Wollschläger Three stars. I can't help but chuckle while clicking on the respective star, as it seems such an utterly absurd rating for a book that is really anything but mediocre.

Truth is: From my small-brained point of view there are brilliant passages and chapters that I devoured (if one can devour in baby-spoon portions, as this is the only way this book can be read I suppose), sometimes poetic, sometimes hilarious, sometimes just mind-bending.
There are other chapters my brain appreciates for the intellectual stunt they are performing but they aren't necessarily a pleasure to read. In fact they are hard, painful labour. And then there are chapters that might have caused irreversible damage to my brain.

To me, this book is the crazy, courageous, very clever and sometimes - yes it has to be said - extremely tiring attempt to turn every piece of dust on the streets of Dublin into a cross reference for the entire cultural history of mankind in general, and that of Ireland in particular while changing literary style chapter by chapter. Chapeau.
I am not sure this book is for reading though. It might be for studying, and one could do so for the rest of a lifetime. One day, when I am old and wise and have gained an unearthly tolerance to 400 out of 1122 pages of complete incomprehensibility I might pick this up again. Maybe sooner. For now I will happily lift the 1785g of German Annotated Ulysses back into it's shelf and watch it from a respectful distance.
Jakob von Gunten - Robert Walser "Klein sein und klein bleiben. Und höbe und trüge mich eine Hand, ein Umstand, eine Weile bis hinauf, wo Nacht und Einfluß gebieten, ich würde die Verhältnisse, die mich bevorzugten, zerschlagen, und mich selber würde ich hinabwerfen ins niedrige, nichtssagende Dunkel. Ich kann nur in den untern Regionen atmen."

„Vielleicht werde ich nie Äste und Zweige ausbreiten. Eines Tages wird von meinem Wesen und Beginnen irgendein Duft ausgehen, ich werde Blüte sein und ein wenig, wie zu meinem eigenen Vergnügen, duften und dann werde ich den Kopf, den Kraus einen dummen, hochmütigen Trotzkopf nennt, neigen. Die Arme und Beine werden mir seltsam erschlaffen, der Geist,
der Stolz, der Charakter; alles, alles wird brechen und welken und ich werde tot sein, nicht wirklich tot, nur auf eine gewisse Art tot und dann werde ich vielleicht sechzig Jahre so dahinleben und – sterben.
A Country Lost, Then Found - Rick Zedník I received “A Country Lost, Then Found” as a GR-giveaway, and I am very happy I did.

What was really special for me in reading this was that it gave me a sense of what walking through the Iron Curtain must have looked like from the other side of it. I was raised and born in East-Germany, and I remember stumbling through West-Berlin for the first time when I was about ten years old. This was supposed to be my country, but it felt like a whole new planet. Rick Zedník experiences very much the same, just coming from the other side of it, finding himself in post-communist Slovakia, where his father was born and his grandparents and other family members still live.

This book is not trying to cover the entire political and social dimension of events during the existence and after the fall of the Iron Curtain, but by telling the personal story of the author’s search for his roots and thereby writing a family memoir, it captures a very vivid image of the time. Sometimes it’s the tiny anecdotes that paint a more precise picture of the essence of a place. Like the french-fries episode towards the end of the book. I laughed. Hard. And felt transported back in time to when the Berlin Wall still existed and I was still wearing those big fury Russian hats.
Only a good book can do that.

Der nächtliche Lehrer

Der nächtliche Lehrer - Klaus Böldl Was für ein wunderbares Buch. Lennart, der nächtlichen Lehrer, der mit seinen - am Anfang des Buches - 25 Jahren schon seltsam alt scheint, kommt in eine kleine Stadt in Schweden um dort seine erste Stelle als Lehrer anzutreten und man sieht dabei zu wie ihm das Leben geschieht, ein leises Leben, dass so dahinzieht, eher Rinnsal als Strom. Nichts in diesem Buch ist je laut, die Sprache ist lakonisch, unaufgeregt und fein und der Mann dem Böldl auf diesen 125 Seiten folgt ist bedächtiger Beobachter der Natur und dessem was ihm widerfährt gleichermaßen - er scheint hauptsächlich Auge und Ohr und Nase zu sein, und mehr als einmal habe ich beim Lesen mit ihm gerochen, gehört und gesehen. Vor der beschriebenen Natur in diesem Buch wirkt jedes Leben, jedes individuelle Schicksal seltsam klein, wie aus der Vogelperspektive betrachtet und mir scheint, das war wohl auch der Plan des Autors, dessen Protagonist manchmal ganz farblos, fast durchsichtig wird vor all den Wäldern durch die man ihn ziehen sieht, fast als wolle er in ihnen verschwinden - Baum werden.
Ein trauriges, leises, wunderschönes Buch.

Herberge der Träume

Die Herberge der Träume - Oscar Wilde Ich liebe Oscar Wilde. Wirklich. Aber es mag einen Grund gegeben haben wieso diese 75 Erzählungen und Fabeln laut Klappentext "weitgehend unbekannt" geblieben sind. Einige wunderschöne Texte sind auch hier zu finden, aber über weite Strecken war ich reichlich befremdet von den Fabeln und Geschichten, die mich manchmal - grenzend an religiösen Kitsch - ein wenig an die Erbauungsliteratur eines Paulo Coelho erinnerten wenn sie nicht gerade ganz unverhohlen der Frauenverachtung ein Ständchen sangen, was eine unfreiwillige Komik erzeugte.
Eine etwas gründlichere Auswahl hätte der Sammlung sicher ganz gut getan, nicht alles wo "Wilde" draufsteht ist Gold. Das hätte wahrscheinlich selbst Oscar unterschrieben.

Ich lese gerade

Zazie In Der Metro
Raymond Queneau, Ulrich Matthes, Vera Teichmann, Christian Mevs
We Have Always Lived in the Castle
Shirley Jackson, Thomas Ott, Jonathan Lethem
Rosalind Franklin: The Dark Lady of DNA
Brenda Maddox
Ansichten eines Clowns (Sondereinband)
Heinrich Böll